Grenzenlos über Stock und Stein
Wanderer und Radler können ab Mai mithilfe einer neuen Karte Wege in drei Ländern erkunden. Einzige Bedingung – der Ausweis gehört in den Rucksack.
Als vor etwa zehn Jahren kurz hinter der deutsch-polnischen Grenze bei Ostritz ein polnisch-tschechischer Grenzübergang eröffnet wurde, starteten die Neißestädter einen kleinen Wettbewerb. Wer ist schneller über zwei Grenzen im tschechischen Andelka – die Wanderer auf den neuen kurzen Wegen oder ein Auto, dessen Umweg über den nächsten Straßengrenzübergang im 20 Kilometer entfernten Zittau führt? „Die Fußgänger waren schneller“, erinnert sich Josefine Schmacht, die mitwanderte.
Immer wieder haben sie und ihr Mann Gerold seitdem die Gegend jenseits der Neiße erkundet. Deshalb kann Michael Schlitt, Direktor des Internationalen Begegnungszentrums St. Marienthal (IBZ) bei Ostritz heute guten Gewissens behaupten: „Alle Routen auf unserer Wanderkarte sind getestet.“ Schlitt ist Herausgeber des in dieser Form einmaligen Werkes. Wichtigstes Utensil neben Karte und Stock ist der Ausweis – ohne den geht’s über keine Grenze.
Sechs Monate haben Experten an der Karte gearbeitet. Ihre Geschichte reicht aber eigentlich sogar mehr als sechs Jahre zurück. Die Wanderkarte ist das erste verwirklichte Vorhaben zur Weiterentwicklung der energie-ökologischen Modellstadt Ostritz – St. Marienthal. Begonnen hatte alles als dezentrales Projekt der Expo 2000 in Hannover. Ziel war es, den Energiebedarf der Stadt durch erneuerbare Energiequellen zu decken. Dazu wurden ein Biomasse-Heizkraftwerk und ein Wasserkraftwerk errichtet. Seit drei Jahren wird an der Modellstadt in 18 weiteren Projekten geplant – eins davon ist die Wanderkarte.
Start und Ziel jeder Route ist das Kloster St. Marienthal an der Neiße. Von hier aus können die Wanderer in alle vier Himmelsrichtungen aufbrechen. Zum Beispiel in vier Stunden auf dem 14 Kilometer langen „Poetenweg“ die polnische Gegend um Krzewina (Grunau) und Bratkow (Blumberg) erkunden. Andere Touren – je nach Kondition von einer bis zu acht Stunden lang – führen zum Berzdorfer See, an den polnischen Witka-Stausee oder hinein ins Tschechische eben nach Andelka (Engelsdorf) und Visnova (Weigsdorf). Sechs der zwölf Routen sind dabei als reine Radstrecken ausgewiesen.
Erhältlich ist die neue Wanderkarte für vier Euro ab 7.Mai im Buchhandel sowie im Kloster selbst.